Sonntag, 17. Mai 2015

Sonntagsthema: Das erotische Vorspiel beim Kaufen (Teil II)

Was können sich B2C-Online Shops (und auch B2B) von Tante Emma abgucken?


Teil I hat ein wenig mit Zahlen jongliert und dann einen nostalgischen Blick auf die traditionellen Tante-Emma-Läden geworfen. Für diese war personalisiertes Einkaufen ein Fremdwort, aber persönlich ging es allemal zu vor und hinter der Ladentheke. 


Das digitale Schaufenster oder warum man gerade hier auf den Human Touch setzen sollte

Online Shopping wächst. Bücher, Mode, Event-Tickets, Reisen, Frischeprodukte, Luxusgüter – das sind die Trendsetter beim deutschen Online-Shopper. Kann ich nachvollziehen, obwohl sich bei mir die Sparte Luxusgüter (ohnehin nur 2% des Gesamtkuchens) in Grenzen hält. Aber was ist schon Luxus? Für die einen ein freies Wochenende, für die anderen ein Verwöhn-Chalet-Urlaub in St. Moritz.

Es gibt schlechterdings nichts was im Online-Handel nicht käuflich erwerbbar wäre. Macaraons, die mit weißen Trüffeln gefüllt sind, Pralinés mit echten Goldkrümeln, Schoßhündchen-Straßschmuck, Taubenfeder-Négligés und Erotikspielzeug, pinkeingefärbte Persianerkappen, Vintage-Armbanduhren anno 1942, Schiller-Erstausgaben mit originalen Stockflecken (oder war es die Kaffeetasse des Meisters?), Golf-Zubehör aus purem Platin, minuziös bemalte japanische Porzellanpuppen, 3-Monate-lang getrocknetes Dry aged Beef, lebende Langusten für den Kochtopf und weitgereiste Reptilien für den häuslichen Zoo oder kleine Wildkatzen als Schoßtierchen .. 60 Jahre alter Single Malt ist da eher eine Petitesse. Ach, was für eine schöne Warenwelt! ;-)

Personalisiertes Kaufen im Webshop

Und mit den Branchen sind die digitalen Möglichkeiten gewachsen, die Klicks und Visits der geschätzten Kundschaft auszuwerten und über kluge Systeme in Kundengewinnungs- und Kundenbindungsprogramme umzuwandeln. Aber nicht Jedermann schätzt es, wenn bei seinem Weg durch die digitalen Warenlandschaften ungewünschte Werbeimpulse hochpoppen, die sich auf vergangene Recherche-Raubzüge beziehen und ihm recht aufdringlich klar machen, welche Produktwünsche er sich befriedigen sollte. Wenn ihm unaufgefordert wohlmeinende, auf der realen Klickhistorie basierende vorsortierte Vorschläge aus dem Webshop-Sortiment gemacht werden, die gerade für ihn wie geschaffen seien.

Der eine mag sich gepampert fühlen, der andere verfolgt. Wo bleibt der individuelle Entscheidungsspielraum? Treten digitale Manipulation und Suggestion an die Stelle von persönlicher Kundenzuwendung? Aber wer es einmal durchschaut hat, sucht das Weite. Mehr als die Hälfte der digitalen Konsumenten sehen personalisierte Kaufangebote kritisch.

Interessiert Euch doch bitte für Eure Kunden!

Neben der technischen Komponente, mit der sich Kunden – und Interessentendaten  und ihre Vorlieben auswerten lassen, gibt es charmantere Möglichkeiten, sich dem Kunden in aller Freundschaft zu nähern. Ja genau, der gute alte, neue Content per Bild und Text, Serviceangebote, Videos, Download, Infografik, White-Paper, persönliche Zielgruppenansprache. Das mag ein wenig Old School klingen und wurde durch Content-Marketing-Propheten ja hinlänglich heruntergebetet. Aber es bleibt trotzdem richtig und notwendig. Und kann grandiosen Spaß machen.

Auf diese Weise kommt man ganz unaufgeregt zu einer ganze Menge Informationen, die bei der Gestaltung der Shop-Performance und letztendlich auch der Produkte enorm weiterhelfen. Voraussetzung: Man muss ein gewisses Interesse am Kunden haben, seine Bedürfnisse und Erwartungen kennen und ihn wertschätzen. Und nicht nur als "Goldesel" sehen. Aber das ist die Grundbedingung für jedes erfolgreiche Business.

Social Media haben uns es längst vorgemacht. Marken nutzen diesen Effekt bereits, allerdings läuft hierzulande im Gegensatz zu den USA und Asien noch sehr wenig Verkauf über Social Media Accounts. Online Fachshops sind gut beraten dieses Prinzip für ihre Zwecke zu adoptieren.

Doch viele Online Shops begnügen sich in ihrer Präsentation mit dürren Produktbeschreibungen, kurzen und meist unbeholfenen Werbetexten und (nicht immer zielführendem) Bildmaterial und verzichten darauf, den User wie Alice im Wunderland auf eine vergnügliche, emotionalisierte Tour durch seine Produktwelt zu schicken. Ihm ein prickelndes Einkaufserlebnis zu verschaffen. Sie ignorieren oder unterschätzen dabei auch die sanft-subtilen Steuerungsmöglichkeiten von Text und Content. Oft liegt dieser Realitätsverweigerung der Irrglaube zugrunde, dass Menschen, die einen Kauf planen, sich rein von Fakten überzeugen lassen. 

ABER: 90% der Entscheidungen werden vom Bauchgefühl getroffen, 10% rational begründet. 

Erzählt doch bitte Geschichten, die zu Eurem Sujet passen. Greift zu Casestudies, Exkursen, Meta-Themen, bedeutsamen Infos aus dem Umfeld des Produkts, News, Ratgeberstimmen, Interview, Video, Social Media-Verlinkungen, Download, Mini-eBook, Klatsch ... alles, was den Kauf-Vorgang unterhaltender und kurzweiliger macht - ähnlich dem Capuccino und Proscecco bei Friseur oder Schneider, der Scheibe Fleischwurst beim Metzger, dem Extrabonbon bei Tante Emma. Wie der Stoß Magazine, der dem männlichen Pendant im Sessel vor der Umkleidekabine die Wartezeit und den folgenden Griff zur Kreditkarte versüßen soll. Wie der nette kleine Tratsch, der dem Verkaufsgespräch vorher geht, bevor es ernst wird.

Mit dem der zum Kunden werden soll, plaudern, scherzen, ins Gespräch kommen, ihn über interaktive Formate wie Umfrage und Feedback auf seine Seite ziehen, ihn um seine Meinung bitten und erst ganz zuletzt die Gretchenfrage stellen. Das mag für Manche jetzt langwierig klingen. Aber gerade bei erstklassigen und hochpreisigen Produkten lohnt sich die Mühe früher oder später.

Immer mal langsam mit die junge Pferde ..

Doch was passiert in der Regel? Die Ungeduld des Shop-Besitzers, den User schnellstmöglich in den Hafen der Buchung/Bestellung zu führen, dringt aus allen Bits & Bytes. Und nichts – meine lieben Shop-Betreiber – vertreibt Interessenten schneller als die unverhohlen gezeigte Verkäuferpose. Natürlich dürfen Sie verkaufen wollen, natürlich sollte der Besucher kaufen wollen – aber es ist wie beim ersten Date – beim ersten Essengehen – beim ersten Kuss – das Vorspiel erst bringt Erotik ins Spiel. Das dritte Rendez-vous, sagt die Heldin Allie McBeal in der gleichnamigen US-Serie, ist das entscheidende. Jetzt geht’s ans Eingemachte. Aber niemals vorher. Gut, die Serie ist aus den 80er Jahren und daher auch etwas angestaubt. Aber manche Dinge ändern sich nie.

Alles wird gut. Denn das muss man natüüürlich nicht alles alleine können!

Wie Web-Shops Glamour bekommen und für Kunden attraktiver werden, verrät der Profi für Web-Content, Blog, ePaper, e-Book, Pressearbeit, Social Media. Wenn man das alles gleichzeitig in einer Person bekommt, sollte man rasch zugreifen.

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