Sonntag, 19. Juli 2015

Montags um 9: Das Matterhorn oder ..


.. wie ein Berg nicht aufhört zu rufen


Es gibt 38 Viertausender rund um Zermatt, aber einer ist darunter, der anscheinend willenlos macht. Er ist aber auch eine echte Granate! In diesem Sommer feiert das Schweizer Alpendorf ein rauschendes Jubiläum. Selbst die Queen ist geladen. Schließlich war es einer ihrer Landsleute, der erstmals seine 4.478 Höhenmeter bezwang. Und Zermatt eine glänzende Zukunft bescherte. 

Eine kleine und willkürliche Matterhorn-Chronik 


14. Juli 1865: Der britische Bergsteiger Edward Whimpley steht mit seiner Siebener-Seilschaft ganz oben. Dort wo er schon mehrmals hin wollte. Heute kam er durch. Über den Hörnligrat an die Spitze des Matterhorns. Als erster, noch vor der italienischen Konkurrenztruppe, die von der anderen Bergseite gegen die Pyramide aus Kalkstein, Gletscher und Eis anrennt. Auf dem Abstieg reißt ein Seil, und vier Briten stürzen zu Tode. Das unglückselige Stück Tau ist heute im Zermatter Heimatmuseum zu begutachten.

In jeder kurzen Zermatt-Saison brechen ca. 3.500 Menschen auf, um das fast Unmögliche zu schaffen. Der Kletterrekord „rauf-runter“- liegt bei phänomenalen knapp zwei Stunden! Inklusive Bergführer muss man mit mindestens 1.500 Franken rechnen. Das ist es den Bergstürmern auch wert. Seit 1865 sind allerdings auch 500 Menschen dem Berg zum Opfer gefallen. Der Rettungsdienst Zermatt bricht pro Saison zwischen Mitte Juni und Mitte September circa 300 Mal auf. Ob es das auch wert ist? Doch die Magie der Alpen und insbesondere dieses unwiderstehlichen Kolosses ist auch nach 150 Jahren ungebrochen.

1950: Ein italienischer Graf will eine Seilbahn zum Gipfel bauen lassen. 90.000 entrüstete Unterschriften verhindern es. Das Matterhorn wird „schützenswertes Naturwunder“. Bleibt es bis heute.

1988: Reinhold Messmer erklimmt das Matterhorn. Für die Bergsteigerlegende eine leichte Übung. Was ihn aber schier aus dem Tritt bringt: Oben in der Wand stößt er auf einen Kiosk, prall gefüllt mit Souvenirs, Kitsch und Klatschpresse. Tobsuchtsanfall Messmers wegen der Verunglimpfung eines schier heiligen Berges. Immerhin des meistfotografierten der Welt. Was er wenig später erfährt: Es war eine Ulk-Aktion von „Verstehen Sie Spaß“ – Leider wissen wir nicht, wie Messmer reagierte ;-) Aber immerhin kam er wieder heil zurück ins Tal.

2012: Die später zur Miss-Schweiz gekrönte Linda Fäh bleibt beim Miss-Quiz die Frage nach dem Matterhorn schuldig. Reuig bricht sie auf und besteigt den Berg medienträchtig mit zwei Bergführern und einem Kamerateam.

Zermatt 2015


Heute drängeln sich Touristen aus aller Welt im ehemals abgeschiedenen Alpendorf, das zu einem High Class Label für Exklusivität wurde. Besonders der frühe Sonnenaufgang gehört zum Pflichtprogramm der Hobbyfotografen. Japaner und Chinesen üben sich im Winter auf den beschneiten Matten – und sommers auf dem Gletscher – im Schneepflug. In China rutschen mittlerweise 5-6 Millionen Skifahrer auf Brettern mehr oder weniger steile Anhöhen herunter. Und sie wollen alle in die Schweiz. Auch Herr Yianliung Li kam, ist geblieben und wurde gar Skilehrer. Gewöhnte sich sogar ans Käsefondue. Gibt es einen schöneren Beweis, was eine Granitlegende bewirken kann? ;-)

Wer das Spektakel Matterhorn im Jubiläums-Sommer 2015 erleben will, hat die Wahl zwischen gefühlt 3.000 Events. Wer es idyllischer mag, kommt im Winter (und mietet ein Chalet). 

Na dann - Berg Heil!



Bild: Datei: #73328204 | Urheber: huci

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