Sonntag, 3. Juli 2016

Sonntagsthema: Sind Ihnen Ihre Kunden vielleicht vollkommen egal?



Heute mal eine Fußnote aus aktuellem Anlass. Angeregt vom Brexit – so shocking - dachte ich darüber nach, warum sich der britische Premier im Vorfeld so vergleichsweise wenig um seine Bürger gekümmert hat. Einmal weil für ihn Parteitaktik wichtiger war? Zum anderen, weil er seine "Kunden" schlichtweg übersah? Für mich war der Ausgang des Referendums auch die Katastrophe einer nur rudimentär betriebenen Informationspolitik – aus Einfalt, Hybris, Ignoranz?? Demokratie sieht anders aus.

Die von den Brexit-Anhängern bemängelten Kuriositäten der EU (etwa die Zwangsvereinheitlichung von Glühbirnen und Bananen) sind ja nur die Spitze des Eisbergs, der das wasserumspülte und nebelumschlungene Eiland schrammte und nach jahrzehntelanger Europaskepsis und in die splendid isolation zurück katapultierte.



Rule Britannia ..!


Für eine Nation wie Großbritannien, in der die über 50-Jährigen noch wissen, was die imperialistische Aussage von einem „Reich, in dem die Sonne niemals unterging“ (ähnlich wie das Reich Karls V) bedeutete, musste die oberlehrerhafte Kontrolle der EU-Bürokratie gerade für die konservative Klientel wie ein permanenter Schlag gegen das Schienbein anmuten.

Die starke Nationalidentität Großbritanniens dokumentiert sich in der Anhänglichkeit an das Symbol Königshaus, egal wie es sich auch gebärden mag. Naturgemäß können wir Deutschen diese kaum nachvollziehen, aber umso glühender beneiden. Bar eines eigenen Monarchen stellen für uns die royalen News einen Ersatz für nicht-vorhandene Hofbulletins dar.

Der Adel hat es nicht leicht bei uns. Wir nehmen es ihm übel, dass er sich glanzlos und bürgernah gibt, selbst die ehemals exzentrische Fürstin Thurn und Taxis ist gediegen geworden. Was soll man davon halten?;-)

Die britischen Royals dagegen arbeiten mit Pomp & Circumstance schwer daran, sich die Gunst der Untertanen zu erhalten. Was bleibt ihnen auch anderes übrig? Ihre Klientel zu pampern stellt ihre Daseinsberechtigung dar.


Wie lässt sich das Model "Royale Kundenpflege" in der Geschäftswelt kopieren ?



Aus welchen Gründen sagen Kunden Adieu? Einer amerikanischen Studie nach sollen den Unternehmen fast 70 Prozent von Stammkunden deswegen abhanden kommen, weil diese sich von ihnen nicht genügend beachtet fühlen. Kurz: Sie sind denen (da oben?) schnurz-piep-egal! Klar, zu saisonalen Ereignissen wie Weihnachten, Valentinstag oder Halloween gehen die Werbemaßnahmen durch die Decke. Aber ist das ratsam?

Unternehmen halten ihre Zielgruppen entweder für anspruchslos oder geistig minderbemittelt, wenn sie nicht wahrnehmen wollen, dass die Stereotypie einer saisonalen Massenansprache diesen voll bewusst ist. Kurz: Wir haben die Nase voll von pflichtschuldigst hingeschluderten Weihnachtssprüchen wie man sie der ungeliebten Erbtante schreibt.

Dabei sind Kunden recht leicht glücklich zu machen: Ihre Anhänglichkeit an ein Unternehmen misst sich nicht nur an der Produktgüte oder den Dienstleistungsstandards. Auch und vor allem das Maß an außerplanmäßiger Zuwendung, das ihnen das Unternehmen zuteil kommen lässt – kleine Goodies, Zusatznutzen oder Nachfragen - wird je simpler desto herzlicher empfunden. Originelle Anlässe im Jahresgeschehen, situative Gelegenheiten, Jubiläen, Branchen- oder Produktneuheiten, wichtige Verbrauchernews, Straßenaktionen – es gibt nichts, was sich nicht als ebenso nützlicher wie attraktiver Content verwenden ließe.


 
Originelle und überlegte Kundenpflege macht sich vielfältig bezahlt


Natürlich kostet dies ein Stück Aufmerksamkeit, Interesse für und Kenntnis vom Kunden, nicht wenig Kreativität und internen Aufwand. Keine Frage. Auch ein Budget sollte vorhanden sein. Aber schon mal darüber nachgedacht, wie viel Geld mit der allzu beliebigen Weihnachts-Businesspost verschleudert wird? In Relation zum Nutzen? – Über 23 Mrd. EUR geben deutsche Unternehmen jährlich für Marketingmaßnahmen aus, sagt statista. Nicht übel, oder? Kommen diese auch dort an wohin sie zielen und bringen sie dem Unternehmen Segen?

Anlässe und Aufhänger für Kundenpflege liefert der Jahreslauf zuhauf. Kein Tag, an dem nicht ein historisches Jubiläum, eine Fake- oder Real-Story, eine bedeutende Persönlichkeit oder nichtige Begebenheit geehrt oder ihrer gedacht wird. Eine attraktive, witzige Maxi-Card, eine Aktion auf Facebook, eine Story zum „Tag der hausgemachten Marmelade“... Branchennähe und Markenaffinität natürlich vorausgesetzt. Mit Fantasie kein Problem.

Eine Marke bildet sich im Kopf oder im Herzen (Gefühl ist alles!) des Konsumenten. - Wie gedeihen Kinder am besten? - Man muss sie nur lieben. Das ist (fast) alles.



Das Revival des Newsletters


Ein regelmäßiger Newsletter ist – einmal eingerichtet – ein hübsches Tool, um sich bei Kunden immer wieder sichtbar zu machen. Entgegen der Unkenruf lebt es, das E-Mail-Marketing, und ganz munter obendrein. Unternehmens-News werden nicht genervt weggeklickt, wenn – ja, das vor allem – bereits Betreff, Headline und Aufmachung einen prickelnden Gegenwert in Aussicht stellen. Es kommt eben auf das Wie an.


Ausgerichtet auf Branche und Produkt gibt es kein effizienteres Instrument der Kundenansprache – wenn es verzichtet, allzu werblich daherzukommen und vermeidet, allzu brottrocken und belehrend zu sein. Die Ausgewogenheit macht's. Interessant ist für den Kunden, was ihm einen hohen persönlichen Nutzen verspricht, der ihm wichtig ist - Spaß, Infotainment, Originalität, Unterhaltungswert, gute Laune, Emotionen, Spannung, Ratschlag, ein Schmunzeln – ein bisschen Glamour im Alltag eben. Das kann am Geldwert gemessen sehr wenig sein, doch für die Betroffenen viel bedeuten.

Und da sind wir doch tatsächlich wieder bei den Royals angelangt. Man kann etwas von ihnen lernen. Thanks, Your Majesty.


Tags: Infotainment, Content, Newsletter, E-Mail-Marketing, Emotionalität
Hashtag: #Brexit


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Bildmaterial:

Coffee of the day: Stocksnap.io/Jörgen Haland
Drag Queen: Stocksnap.io/Travel Coffee Shop
Big Ben: Stocksnap.io/Paul Green
Felseninsel: Stocksnap.io/Vashischtha Yogi
News: Fotolia Nr. 68 115641

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Sigrid Jo Gruner schreibt als MissWord! Content, Magazin, Pressetext, Publikation, als Ghostwriterin Reden, Artikel und Bücher. In Strategieworkshops entwickeln Unternehmen und MissWord! stimmige Positionierungen, Kernaussagen und Imagetexte.


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